Mit dem Fahrrad durch den Wald

„Wach auf, kleines Herz“, sagt Papa Herz liebevoll. „Du verschläfst sonst noch deinen Fahrrad-Ausflug“, schmunzelt Mama Herz. Das kleine Herz ist sofort hellwach. „Nanu, dann bin ich wohl doch irgendwann eingeschlafen. Ich war gestern Abend so aufgeregt, dass ich die ganze Nacht kein Auge zugemacht habe“, erklärt das kleine Herz verlegen. „Es ist ja noch früh genug. Die Menschen sind momentan dabei zu frühstücken … und es leuchtet die zweite Kerze am Adventskranz. Dadurch leuchtet es in der Küche bereits viel heller“, berichtet Mama Herz. „Stimmt, wir haben ja schon den zweiten Advent“, sagt das kleine Herz überrascht. „Ja, die Zeit in diesem Jahr scheint viel schneller zu vergehen, als im letzten Jahr“, fügt auch Papa Herz hinzu. „Können wir uns in die Küche schleichen und die Menschen beobachten?“, fragt das kleine Herz. Doch bevor jemand antworten kann, hört es Schritte auf der Treppe.

Lukas hat das Telefon dabei und ruft seinen Freund Bernd an. „Hey Bernd! Bist du auch schon mit allem fertig? Die Sonne scheint so schön. Sollen wir uns bei euch am Wald treffen?“ Da Lukas den Lautsprecher am Telefon aktiviert hat, kann das kleine Herz hören, wie Bernd antwortet: „Ja, ich bin schon mit allem fertig. Dann komm‘ doch am besten direkt vorbei!“ Lukas strahlt über das ganze Gesicht: „Super! Ich zieh‘ mich nur noch an. Dann fahre ich direkt los. Bis gleich!“ „Dann solltest du dich auch schnell in Lukas‘ Jacke verstecken, kleines Herz! Denn ansonsten geht die Fahrradtour ohne dich los“, sagt Papa Herz.

Das kleine Herz rutscht das Treppengeländer hinunter und schleicht sich an der Küche vorbei, damit es nicht entdeckt wird. Als es an der Jacke von Lukas angekommen ist, klettert es in die Tasche und macht den Reißverschluss von innen zu. „Hoffentlich bemerkt Lukas mich nicht und nimmt mich mit in den Wald“, denkt das kleine Herz ängstlich. In dem Moment kann es hören, wie Lukas die Stufen hinunter rennt und seinen Eltern sagt: „Ich treffe mich mit Bernd! Wir fahren mit dem Fahrrad durch den Wald und zum Trimm-Dich-Pfad.“ „Viel Spaß und sei bitte pünktlich zum Mittagessen wieder hier!“, ruft die Mutter ihm noch hinterher. Lukas zieht die Jacke an und läuft in die Garage zu seinem Fahrrad.

Lukas sucht seine Handschuhe und greift dazu in die Jackentasche. Dem kleinen Herz stockt der Atem, als es die Hand von Lukas fühlt. „Lass mich bitte in der Tasche“, bangt das kleine Herz. Doch Lukas zieht es heraus und schaut es verwundert an. „Nanu, was machst du denn in meiner Tasche? Hat Ida dich da hinein gesteckt? … Du siehst irgendwie ängstlich aus. Keine Angst. Ich tue dir nichts. Ich suche nur meine Handschuhe und habe etwas in meiner Tasche gespürt.“ Lukas sieht das kleine Herz genauer an. „Jetzt rede ich auch schon mit dir, als würdest du leben. Genau wie Ida. Oder lebst du wirklich und bist selbst in meine Jacke geklettert?“, überlegt Lukas für sich. „Ich werde dich jedenfalls mitnehmen. Es soll wohl seinen Grund haben, dass du bei mir bist!“ Mit diesen Worten steckt er das kleine Herz wieder in seine Tasche zurück. Dem kleinen Herz ist ganz schwindelig vor Angst und Schrecken. „Wow, was für ein Erlebnis! Selbst Lukas hat jetzt mit mir gesprochen. Und er nimmt mich mit auf seine Radtour“, denkt das kleine Herz überwältigt.

Lukas fährt mit dem Fahrrad los und klingelt bei Bernd an der Haustür. Der wartet schon ungeduldig auf seinen Freund. „Da bist du ja endlich! Dann können wir ja jetzt los“, freut sich Bernd und die beiden fahren in den Wald. Dort liegen noch sehr viele Blätter herum, durch die die Kinder fahren können. Außerdem ist es im Wald ein wenig hügelig, so dass Lukas und Bernd im Gelände fahren können. „Wow, das macht richtig Spaß heute! Die Bedingungen sind perfekt! Das bremsen im Laub wirkt total gut!“, ruft Bernd. „Sollen wir ein Wettrennen fahren?“, fragt Lukas gut gelaunt. „Ja sehr gerne! Dieselbe Strecke wie immer mit Ziel am Trimm-Dich-Pfad, okay?“, schlägt Bernd vor. „Okay!“, ruft Lukas. Und schon fahren die beiden Freunde los. Sie nehmen jedes Hindernis mit, was sie kriegen können und haben unglaublich viel Spaß am Radfahren. Das kleine Herz kann spüren, wie das Herz von Lukas immer schneller schlägt und wieviel Freude ihm das Radfahren im Wald macht.

Lukas überholt Bernd auf den letzten Metern und erreicht als Erster den Trimm-Dich-Pfad. Er strahlt über das ganze Gesicht, aber er sagt nichts, denn bei dem Wettrennen geht es schließlich um Spaß, und nicht um das Gewinnen. „Sollen wir versuchen uns an den Ringen zu schwingen?“, schlägt Bernd vor. „Klar! Ich mache dir eine Räuberleiter, dann kannst du besser dran kommen“, sagt Lukas sofort und hilft seinem Freund. Als Bernd an den Ringen hängt, versucht er ein paar Kunststücke daran und Lukas feuert seinen Freund an. Dann tauschen die beiden die Plätze und Lukas übt sich an den Ringen.

Das kleine Herz genießt den Vormittag richtig. Zwischen den beiden Freunden ist eine richtig gute Stimmung. Sie helfen sich gegenseitig, sie spielen zusammen, es gibt keinen Streit, sie genießen die Zeit in der Natur. So ist es kein Wunder, dass Lukas sich mit einem Blick auf die Uhr erschreckt. „Oje, es gibt gleich Mittagessen. Ich muss nach Hause. Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit wieder vergangen ist!“, ruft er. „Dann lass uns noch ein kleines Rennen fahren“, schlägt Bernd vor. „Auf geht’s!“, ruft Lukas und schon sind die beiden wieder mit ihren Fahrrädern unterwegs.

Als Lukas zu Hause ankommt, ist er ziemlich aus der Puste, denn er hat sich so beeilt. Aber er ist pünktlich. „Hallo Lukas! Wie war es mit Bernd?“, fragt die Mutter sofort. Lukas verdreht die Augen. Aber Markus, der noch den letzten Traum im Hinterkopf hat, sagt direkt: „Jetzt lass Lukas doch erst mal ankommen und bombardiere ihn nicht direkt mit Fragen!“ „Oder möchtet ihr direkt mit Fragen empfangen werden, wenn ihr durch die Wohnungstür kommt?“, fragt Ida nach. Der Vater muss grinsen: „Da habt ihr recht. Vielleicht sollten wir Lukas erst mal in Ruhe ankommen lassen.“ Dieser lächelt dankbar. Denn er möchte seine schönen Gedanken erst noch für sich behalten.

„Ich gehe kurz nach oben und ziehe mir saubere Sachen an“, sagt Lukas und geht noch mit Jacke nach oben. Er schließt seine Zimmertür hinter sich und nimmt das kleine Herz aus der Tasche. „Ich weiß zwar nicht, ob du mich hören kannst, aber alleine durch eure Anwesenheit in unseren Träumen, hat sich hier schon viel geändert! Und das fühlt sich richtig gut an! Genau, wie der ganze Tag heute!“ Lukas legt das kleine Herz neben Papa und Mama Herz, zieht sich um und lächelt den drei anschließend noch zu. „Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn von euch ein Zauber ausgeht. Und wenn wir demnächst alle zusammen durch den Wald fahren können!“

Lukas geht aus dem Zimmer. Die drei Herzen schauen sich gerührt an. „Du hattest scheinbar einen sehr schönen Vormittag“, sagt Mama Herz lächelnd. „Das kannst du laut sagen. Und vor allem sehr aufregend“, sagt das kleine Herz geheimnisvoll. „Wieso aufregend?“, möchte Papa Herz wissen. „Lukas hat mich in seiner Jackentasche entdeckt und überlegt, wieso ich dort bin. Er hat mit mir gesprochen. So wie eben mit uns allen. Es fühlt sich an, als würde er direkt mit uns reden! Es ist so aufregend. Und ich kann es kaum noch abwarten, den Kindern endlich die Wahrheit zu sagen!“, berichtet da kleine Herz. Papa und Mama Herz sehen sich an. Sie verstehen die Sehnsucht ihres Kindes, denn auch sie können es kaum noch abwarten.

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