Ein ganz besonderer Nikolaustag

Als Anna aufwacht, hat sie bereits einen Ohrwurm von „Lasst uns froh und munter sein“. Im Traum hat sie mit Felix, Lukas, Heinzi und Nepomuk in der Lese-Ecke gesessen und gesungen. „Wenn ich schlaf‘, dann träume ich: ‚Jetzt bringt Nikolaus was für mich! Lustig, lustig, traleralera, bald ist Nikolausabend da, bald ist Nikolausabend da.“ Bei der Erinnerung an diesen Traum wird ihr ganz warm ums Herz. Es hat sich so gut angefühlt gemeinsam mit ihren Brüdern und den beiden Wichteln zu singen. Mitten in ihren Gedanken geht die Tür auf und Felix und Lukas stürmen singend hinein. „Wenn ich aufgestanden bin, lauf‘ ich schnell zum Teller hin. Lustig, lustig, traleralera, heut‘ ist Nikolausabend da, heut‘ ist Nikolausabend da.“ „Hattet ihr etwa auch den Traum mit Heinzi und Nepomuk?“, fragt Anna verwundert. „Wieso, du auch?“, fragen Felix und Lukas wie aus einem Mund. „Ja, wir waren gemeinsam in der Lese-Ecke und haben dort gesungen und geschunkelt“, berichtet Anna. „Genau das haben wir zwei auch geträumt. Ich habe das Gefühl, dass wir heute einen ganz besonderen Nikolaustag erleben werden“, sagt Felix. „Jetzt lass uns aber erst mal nachsehen, ob der Nikolaus auch schon bei uns gewesen ist“, drängelt Lukas.

Die drei Kinder laufen gemeinsam in die Küche. Mama hat bereits die erste Kerze vom Adventskranz angezündet. „Guten Morgen ihr drei. Der Nikolaus war tatsächlich schon da. Euer Gesang gerade scheint geholfen zu haben“, sagt Mama augenzwinkernd. „Das sieht aber schön aus. Hmm, leckere Schokolade!“, freut Anna sich. „Und es ist für jeden ein kleines Geschenk dabei!“, ruft Lukas aufgeregt. Felix, Lukas und Anna stürmen zum Tisch und packen ihre Geschenke aus. „Super! Ich habe eine ganze Dose voller Fußball-Sammelkarten!“, ruft Felix glücklich. „Und ich habe einen ganz tollen Glubschi! Den habe ich mir am meisten gewünscht!“, freut sich Lukas und drückt sein kleines Kuscheltier ganz fest an sich. „Eine Barbie! Juchu! Jetzt kann ich noch viel besser mit meiner anderen Barbie spielen!“, ruft Anna zufrieden. Mama fängt an zu singen: „Niklaus ist ein guter Mann, dem man nicht genug danken kann. Lustig, lustig, traleralera, heut‘ ist Nikolausabend da, heut‘ ist Nikolausabend da!“. Die Kinder haben in das Lied mit eingestimmt und es ist eine wunderbare, zufriedene Stimmung im Haus. Papa hat das Geschehen von der Tür beobachtet und kommt nun rein. „So einen besinnlichen Nikolausmorgen hatten wir noch nie. Mit Kerze, zufriedenen Kindern und Gesang. Ich bin schwer beeindruckt“, sagt er. „Tja, Papa, das ist der Zauber der Weihnachtszeit“, sagt Felix und lächelt seinen Geschwistern zu.

 

Nach dem Frühstück gehen Felix, Lukas und Anna die Treppe zum Spielzimmer hoch. „Seid mal kurz leise“, flüstert Lukas. „Ich höre Stimmen!“ Die Kinder stoppen auf der Treppe und horchen gespannt nach oben. „Da singt jemand!“, sagt Felix. „Die Stimmen kenne ich doch aus meinem Traum“, flüstert Anna aufgeregt. Leise gehen sie weiter zum Spielzimmer und schauen abwechselnd durch das Schlüsselloch. „Da sitzen zwei Wichtel in unserer Lese-Ecke“, staunt Lukas. „Lass mich auch mal sehen“, drängelt Felix und schaut als nächstes durch das Schlüsselloch. „Tätsächlich. Da sind Heinzi und Nepomuk und warten singenderweise auf uns“, beschreibt Felix. „Ja, wenn sie warten, dann lass uns doch hinein gehen“, sagt Anna und geht an ihren Brüdern vorbei zur Tür, um diese zu öffnen. Mit klopfendem Herzen bleibt Anna stehen und schaut auf die Lese-Ecke. Dort sitzen Heinzi und Nepomuk und singen munter vor sich hin. Als sie die Kinder bemerken, hören sie auf zu singen. „Da seid ihr ja endlich. Wir dachten schon, dass ihr an Nikolaus gar keine Zeit für den Advents-Kalender habt“, sagt Nepomuk. „Ich bin so aufgeregt, euch endlich kennenzulernen“, sagt Heinzi. „Bisher durfte ich euch ja nur aus der Entfernung beobachten. Aber ab heute dürfen wir eure Reisen gemeinsam unternehmen!“ Die Kinder wissen gar nicht, was sie sagen sollen und betrachten die beiden Wichtel erst einmal wortlos. Anna fasst sich als erstes wieder: „Ihr macht diese Adventszeit wirklich zu einer ganz besonderen! Ich habe mir seid dem Öffnen des ersten Advents-Söckchens nichts sehnlicher ge-wünscht, als euch beide kennenzulernen!“ „Ja, das wissen wir“, sagt Nepomuk. „Und weil ihr wirklich drei ganz besondere Kinder seid, dürfen wir euch auch jetzt schon kennenlernen. Ihr habt den Zauber der Weihnachtszeit sehr schnell wieder entdeckt – viel schneller als viele andere Kinder. Und daher haben wir das große Glück, euch ab jetzt persönlich begleiten zu dürfen. Das ist auch für uns etwas ganz besonderes!“, sagt Heinzi stolz. Anna setzt sich zu den beiden Wichteln und auch Felix und Lukas nähern sich langsam. „Das ist einfach fantastisch“, sagt Lukas und setzt sich neben seine Schwester. „Möchtest du direkt in das Söckchen schauen, bevor du dich hinsetzt, Felix?“, fragt Nepomuk. „Ja, das kann ich gerne machen“, sagt Felix immer noch überwältigt von den beiden Wichteln. Er geht zu seinem gelb-orangenen Söckchen und lässt das Glöckchen erklingen. Heute ertönt aber nicht nur ein wunderschöner Ton, sondern von den ersten sechs Söckchen „Lasst uns froh und munter sein“. Fasziniert hören die Kinder und die beiden Wichtel der Musik zu. Als die Melodie beendet ist, setzt Felix sich mit dem Geschenk in der Hand auf die Kissen in die Lese-Ecke. Lukas, Anna, Heinzi und Nepomuk rücken gespannt näher, denn auch sie möchten wissen, was in dem gelben Päckchen drin ist.

Felix packt es vorsichtig aus und eine wunderschöne, grüne Glasscherbe kommt zum Vorschein. Eine typisches „Meerglas“, denn durch die Zeit im Meer sind die sonst scharfen Kanten abgerundet worden. „Wow, diese Scherben haben wir doch immer am Strand gesucht! Vor allem im Wasser glänzen sie wie Edelsteine. Am meisten haben wir weiße und grüne gefunden“, erinnert sich Lukas. „Felix und Lukas, ihr habt doch in dem Urlaub eine ganze Scherben-Sammlung gefunden“, sagt Anna. „Die Scherbe sieht wirklich sehr schön aus“, findet auch Heinzi. „Sie wirkt so geheimnisvoll!“

 

Felix hat die grüne Glasscherbe in der rechten Hand und legt die linke Hand schützend darüber. Lukas, Anna, Heinzi und Nepomuk legen ihre Hände über die von Felix. „Was für ein tolles Gefühl. Heute kribbelt es schon in meinem Bauch, bevor die Scherbe warm wird“, sagt Felix und schaut dabei zu den beiden Wichteln. Nun schließen alle fünf ihre Augen und die Wärme der Glasscherbe breitet sich aus. Der Glitzerstaub lässt ein helles Licht entstehen und an der Wand erscheint ein Erinnerungsfoto aus dem Urlaub.

 

„Was sucht ihr denn da vorne am Wasser?“, möchte Heinzi wissen, als er das Foto sieht. „An dem Tag haben Lukas und ich uns morgens ganz doll gestritten. Ich weiß gar nicht mehr warum. Auf jeden Fall sind wir nur sehr ungern mit Mama, Papa und Anna zum Strand gefahren. Wir haben schlechte Laune geschoben, weil wir echt keine Lust hatten, was mit der Familie zu machen. Ich wollte lieber mit zwei Freunden am Ferienhaus Fußball spielen und Lukas wollte zu den Tieren. Aber wir mussten mit“, fängt Felix an zu erzählen. „Wir haben uns aus Protest vorne ans Meeresufer gestellt und wollten Papa und Mama gar keine Beachtung schenken“, erinnert sich Lukas. „Und dann hat es vor uns im Meer grün aufgeblitzt. Das sah echt klasse aus“, sagt Felix. „Wir haben eine wunderschöne, grüne Scherbe gefunden. Die sah fast so aus, wie die aus dem Advents-Söckchen. Ich dachte zuerst, das wir einen Diamanten gefunden haben“, erzählt Lukas. „Auf einmal konntet ihr wieder lächeln! Stolz habt ihr uns eure Scherbe gezeigt“, sagt Anna. „Mama hat erzählt, dass es solche Scherben ziemlich oft gibt. Irgendwer wirft seine Glasflaschen vom Schiff oder vom Strand aus ins Meer. Wenn die Flasche dabei zerbricht entstehen natürlich Scherben. Dadurch, dass diese Scherben durch die Wellen und den Sand des Meeres bearbeitet wurden, haben sie eine ganz besondere Form. Eine Art Feinschliff. Dieser Feinschliff sorgt für einen Zauber, finde ich“, sagt Felix. „Und nachdem wir von Mama gehört haben, dass es diese besonderen „Edelsteine“ öfter gibt, war natürlich unser Schatzsucher-Instinkt erwacht. Voller Begeisterung haben wir nach Schätzen gesucht“, erinnert sich Lukas. „Und gefunden haben wir tatsächlich auch noch welche. Die meisten waren grün und braun. Ich habe aber auch eine bläuliche gefunden. Die sah aus wie ein Kristall“, sagt Anna. „Und du hast sie uns geschenkt“, weiß Felix noch. „Dadurch hast du auch diesen schlecht gestarteten Tag richtig schön für mich gemacht!“ „Für uns alle, denn die Scherben-Sammlung hat dadurch einen noch größeren Wert bekommen“, ergänzt Lukas. „Wieso ist der Wert der Sammlung denn dadurch so viel größer für dich geworden?“, möchte Nepomuk wissen. „Anna hätte ja auch sagen können ‚Ätschi-Bätschi! Schau mal was ich gefunden haben! Ich habe eine blaue Scherbe und du nicht!‘ Aber dadurch, dass Anna die Scherbe abgegeben hat, um unsere Sammlung zu vergrößern, hat sie ihre Freundschaft und Liebe zu Felix und mir gezeigt. Denn ihr war an dem Tag nur wichtig, dass Felix und ich wieder gute Laune bekommen und glücklich sind“, erklärt Lukas. „Das erhöht wirklich den Wert einer Sammlung enorm“, findet Heinzi. „Aber ihr drei seid sowieso ganz besondere Kinder. Zwischen euch ist ein wunderbares Band der Freundschaft und Liebe. Sobald es einem von euch dreien nicht gut geht, merken die anderen beiden das und sind für denjenigen da! Das ist wirklich etwas ganz wertvolles“, sagt Nepomuk. Felix, Lukas und Anna freuen sich über diese Worte und sind überwältigt vor Glück. So hatten sie das noch nie gesehen. Aber es stimmt – sie waren immer füreinander da. Stolz schauen sie sich an, während das Urlaubsfoto von der Wand verschwindet.

„Was ist denn eigentlich für euch das wichtigste in der Adventszeit?“, möchte Nepomuk von den Kindern wissen. „Bisher waren es immer die Geschenke“, sagt Felix. „Aber durch die letzten Tage haben wir gemerkt, dass es gar nicht die Geschenke sind, die so wertvoll sind. Viel wichtiger ist die gemeinsame Zeit. Das wir zusammen etwas unternehmen und erleben. Selbst wenn es nur so einfache Sachen sind, wie ein Lied singen oder alte Fotos anzusehen.“ „In diesen Momenten fühle ich mich einfach unglaublich glücklich. Das ich ein Teil dieser Familie bin und das es uns so gut geht“, sagt Anna. „Die Erinnerungen lassen viele zufriedene und glückliche Momente und Gefühle wieder aufleben und das fühlt sich gut an“, findet Lukas. „Ihr habt die Grundsätze der Adventszeit wirklich schon gut heraus gefunden. Und wir haben in den letzten Tagen erlebt, dass es für Menschen sehr wichtig ist, besondere Erinnerungen mit anderen zu teilen – denn durch diese Erinnerungen wird das Band zwischen den einzelnen Menschen wieder stärker und etwas ganz wertvolles“, sagt Heinzi.

 

„Wieso habt ihr eigentlich Zeit für uns? Müsst ihr nicht dem Weihnachtsmann helfen?“, fragt Anna. Nepomuk und Heinzi lachen. „Wir helfen ihm bei der Arbeit, wenn wir nicht hier sind. Aber auch durch unsere Reise mit euch helfen wir dem Weihnachtsmann in gewisser Weise. Denn wenn wieder mehr Kinder an den Weihnachtszauber glauben, wird seine Arbeit für ihn viel schöner. Er möchte die Grundgedanken der Weihnachtszeit erleben, wenn er an Weihnachten die Geschenke verteilt. Der Weihnachtsmann möchte ehrliche Freude sehen und keinen Neid. Er möchte gerne viele zufriedene Kinder und Familien sehen und keine gestressten Familien, die in einem Wettbewerb stehen, um als bestes dazustehen. Unsere Arbeit ist eine ganz wichtige! Und vor allem macht sie uns sehr viel Spaß!“, erklärt Nepomuk. „Nehmt ihr uns denn auch einmal mit zum Weihnachtsmann? Mich würde interessieren, wo er wohnt“, möchte Lukas wissen. „Das können wir euch leider nicht versprechen. Aber wer weiß welche Überraschungen diese Adventszeit noch für uns alle bereit hält“, sagt Heinzi. „Ich bin jedenfalls überglücklich, dass wir euch kennenlernen dürfen“, sagt Anna. „Ihr seid nämlich wie aus meinem Traum entlaufen!“ „In gewisser Weise stimmt das ja auch“, sagt Nepomuk augenzwinkernd. „Immerhin sind wir uns im Traum zuerst begegnet.“

„Aber auch du hast uns schon einmal im Traum besucht, Anna. Das hat sich richtig gut angefühlt“, schwärmt Heinzi. „Wann habe ich euch im Traum besucht?“, möchte Anna wissen. „Na, als du uns mit deinem Taschentuch zugedeckt hast. Da haben wir beide von dir geträumt … und am nächsten Morgen lag dein Taschentuch schön warm über uns“, sagt Nepomuk. Verständnislos sehen sich Felix und Lukas an. „Wann warst du denn bei den beiden Wichteln?“, möchte Lukas wissen. „Und woher wusstest du, wo die beiden sind?“, fragt Felix. „Ich weiß nicht warum ich die beiden schon vor euch sehen konnte. Aber ich habe Heinzi und Nepomuk bereits im Spielzimmer entdeckt. Dort hinten an der Kommode waren sie versteckt. Ich bin vorgestern Abend noch einmal alleine nach oben gegangen, um zu sehen, ob Heinzi und Nepomuk auch nachts hier sind. Als sie dort in ihrer Ecke gelegen haben, dachte ich, das sie vielleicht frieren und daher habe ich sie mit meinem Taschentuch zugedeckt. Ich habe mich bei den beiden für die tollen Momente in den letzten Tagen bedankt“, sagt Anna. „Unsere kleine Schwester wusste schon eher, wo die beiden Wichtel wohnen. Das gibt es ja gar nicht“, sagt Lukas. „Tja, Anna hat ja auch zuerst von der Magie der Weihnachtszeit gesprochen und zuerst die Glöckchen gehört“, sagt Felix.

 

„Lasst uns noch einmal zusammen singen und dann müssen wir zum Weihnachtsmann“, sagt Nepomuk. „Und wir werden dann mit unseren Geschenken spielen“, sagt Lukas. Fröhlich singen sie noch einmal ‚Lasst uns froh und munter sein‘. Anschließend trennen sich ihre Wege für heute. „Ihr müsst uns aber versprechen, dass wir uns morgen wiedersehen!“, sagt Anna zu Heinzi und Nepomuk. „Versprochen. Großes Wichtel-Ehrenwort!“, sagt Heinzi.

 

Die Kinder gehen die Treppe zu ihren Eltern hinunter und die Wichtel machen sich auf den Weg zum Weihnachtsmann. „Die Advents-Socke füllen wir dann am besten erst morgen früh, bevor die Kinder nachher noch einmal nach uns sehen“, sagt Nepomuk augenzwinkernd, bevor sie das Haus verlassen.

 

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