In der letzten Woche verlief die Schule unserer Jungs einmal ganz anders. Das Zirkusprojekt stand auf dem Stundenplan – die Spannung und Begeisterung war schon vor Beginn zu spüren. „Was kommt da auf mich zu?“ – „Werde ich einen Programmpunkt im Zirkus finden, der mir zusagt?“ – „Traue ich es mich überhaupt, in die Manege zu gehen?“ Viele solcher Fragen gingen den Kindern sicherlich am Montag Morgen durch den Kopf, als sie zum blau-roten Zirkuszelt auf dem Schulhof kamen.
Dieser Montag Morgen war bereits ein ganz besonderer Start in die Woche. Denn viele Eltern, Lehrer und angehende Erzieherinnen der hiesigen Berufsschule hatten am Samstag bereits die Zirkusnummern einstudiert, um diese nun den Kindern vorführen zu können. Klar, waren auch die Erwachsenen ein wenig aufgeregt – und ich spreche da aus Erfahrung, denn ich hatte das große Glück, einer dieser Eltern zu sein. „Haben wir uns alles merken können?“ – „Hoffentlich klappt alles, was wir am Samstag geübt haben.“ – „Können wir die Kinder begeistern?“
Die Vorstellung hat sehr gut geklappt, wir hatten alle sehr viel Spaß. Die eingeübten Nummern haben das Zirkuszelt zum Jubeln gebracht und alle waren am strahlen. Wir Erwachsenen, weil es geklappt hat und die Kinder, weil sie sich jetzt eine Rolle aus dem bunten Programm aussuchen durften. Und ja, es war tatsächlich für jedes Kind eine passende Rolle dabei. So ging es nach der Erwachsenen-Vorführung direkt in die erste Probe, wo sich erst einmal alle kennengelernt haben. Denn die Gruppen waren bunt durchmischt, Erstklässler bis Viertklässler bildeten eine Gemeinschaft. Die meisten kannten sich vom Schulhof, aber nun haben die Kinder eine gemeinsame Aufgabe. Sie wollen das Zirkuszelt am Wochenende zum Toben bringen und dafür müssen sie alle zusammen arbeiten!
Ich selber war als Betreuerin in der Akrobaten-Gruppe und war sehr gespannt, was sich Dario, unser Akrobaten-Trainer, für die Kinder ausgedacht hat. Jedes Kind bringt andere Voraussetzungen mit und Dario hat von Anfang an jedes Kind richtig eingeschätzt und ihm die richtige Position bei den Nummern gegeben. So hatte wirklich jedes Kind von Anfang an Erfolgserlebnisse! Und es hat gemerkt, dass jede Position in den Figuren wichtig ist. Das Gesamtbild jeder einzelnen Figur kann nur funktionieren, wenn alle wissen, was sie zu tun haben, einander vertrauen und standhaft sind! Niemand wird ausgelacht, wenn er etwas nicht so gut kann, denn es kann nicht jeder alles können! Und all das hat vom ersten Tag an super funktioniert.
Jeden Tag wurden mehr Figuren eingeübt und die Kinder, die es sich zutrauten, durften auch an das Trapez – in etwa 2 Metern Höhe! Alleine um dort hochzukommen ist ein enormer Körpereinsatz erforderlich – aber die Kinder haben es fast alle geschafft! Und Dario hat sich zweimal angesehen, wie die Kinder sich am Trapez halten und konnte danach jedem Kind eine bestimmte Figur sagen, die es am besten kann! Und er hat die Kinder erneut richtig eingeschätzt: die Kinder haben die fantastischsten Figuren hinbekommen! Wir Betreuer haben mit offenem Mund dort gestanden und waren einfach nur sprachlos! Denn es erfordert sehr viel Mut dort oben nur an den Füßen zu hängen oder sich an den Knien herunterhängen zu lassen, ohne sich mit den Händen an der Trapez-Stange festzuhalten!
Von Tag zu Tag konnten wir merken, wieviel Freude dieses Zirkusprojekt den Kindern bereitet und wie das Selbstvertrauen von Tag zu Tag gewachsen ist. Vor allem, wenn zwischendurch andere Kinder zugeschaut haben und unsere Nummern jubelnd bestaunt haben. Das Gemeinschaftsgefühl ist in dieser Woche sehr gewachsen.
Bei der Generalprobe konnten wir den anderen Gruppen zusehen. Die Clowns haben richtig tolle Sketche gespielt, viele Texte gelernt und ihre Mimiken und Gestiken wurden mit jedem Übungstag ausdrucksstärker. Sie haben diese Rolle richtig gelebt! Ein Lied („Rollmops und Hering“) schallte den ganzen Tag über den Schulhof und wirklich jeder Schüler der Schule kann den Text nun mitsingen. Ich hatte heute Morgen noch einen Ohrwurm von diesem Lied und habe direkt gute Laune bekommen.
Die Zauberer haben spannende Tricks eingeübt, waren hochkonzentriert bei der Sache und nachher stolz über die verwunderten Gesichter der Zuschauer, die überlegt haben, wir dieser Trick wohl funktioniert. 😉
Die Schwarzlicht-Tänzer haben fantastische Choreographien eingeübt! Es hat sehr viel Freude bereitet ihnen zuzusehen. Die selbst gestalteten Gesichtsmasken leuchteten im Schwarzlicht, der Bändertanz dazu und noch vieles mehr. Es hat alles synchron geklappt und wir konnten sehen, wieviel Arbeit darin steckte.
Die Fakire, die über Glasscherben laufen konnten oder sich teilweise mit bloßem Oberkörper auf Nagelbretter gelegt haben – als Highlight mit einem weiteren Kind, das sich auf den Bauch gestellt hat. Die mutigen Schüler, die sich mit brennenden Fackeln über die Arme gegangen sind! Es war atemberaubend.
Dann natürlich die Seiltänzer, die sich schöne Kunststücke in der Luft ausgedacht hatten und dabei glitzernde Westen trugen. Echt schön anzusehen!
Das tolle an dem Zirkusprojekt war, dass wirklich jedes Kind über sich hinaus gewachsen ist. Jedes Kind hat seine Rolle in der Manege präsentiert – bei den Aufführungen sogar vor über 300 Leuten! Mitten im Rampenlicht! Es gab am Ende tosenden Applaus, als im Finale alle Kinder und Betreuer in der Manege standen! Und jedes Gesicht hat gestrahlt – voller Stolz und Freude! Bei einigen Kindern liefen Tränen, weil das Zirkusprojekt viel zu schnell vorbeigegangen ist. Die Schulgemeinschaft ist enger zusammen gerückt! Und auch die Eltern haben viel geholfen – beim Aufbau und Abbau des Zirkuszeltes, bei der Betreuung der Stände, es wurden zahlreiche Kuchen gebacken und natürlich bei der Einübung der Nummern! Jeder hat einen Beitrag für diese ganz besondere Schulwoche geleistet! Und wenn ich das hier gerade schreibe, wird mir erst bewusst, was wir für ein Glück hatten, dieses Zirkusprojekt erleben zu dürfen! Es war einfach unglaublich schön!
Vielen Dank an Dario, Andrea und Edgar vom Zirkus, an die Lehrer der Grundschule und an die Schüler-/innen der Berufsschule!
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