Einzigartige Lebewesen

Spät in der Nacht sind Heinzi und Nepomuk von ihrer Schicht beim Weihnachtsmann zurück in das Haus von Felix, Lukas und Anna gekommen. „Jetzt müssen wir nur noch das Advents-Söckchen für Lukas füllen“, sagt Heinzi sichtlich erschöpft. „Und dann haben wir zum Glück noch ein wenig Zeit, um uns auszuruhen. Ich bin allerdings auch schon ganz gespannt, was wir morgen früh mit den Kindern erleben werden“, ergänzt Nepomuk. So machen sich die beiden fleißigen Wichtel an ihre geliebte Arbeit. Nachdem sie fertig sind, schauen sie sich ihre Arbeit noch einmal an und nicken zufrieden. Dann gehen sie in ihre Ecke. Doch was sehen sie dort? „Schau mal, da ist ja ein kleiner Schuhkarton!“, ruft Nepomuk erstaunt. „Was da wohl drin ist?“, fragt Heinzi und schaut über den Rand des Schuhkartons. „Och wie lieb! Da sind Kopfkissen und Decken von Anna’s Barbies drin. Und es liegen zwei Plätzchen auf einem Zettel“, sagt Heinzi. Nepomuk klettert in den Schuhkarton und schaut sich den Zettel an. „Dort steht: Lieber Nepomuk, lieber Heinzi! Nach eurem langen Arbeitstag wollten wir euch mal überraschen. Deswegen haben wir eine gemütliche Schlafecke für euch gebaut. Die Plätzchen haben wir heute Nachmittag mit Mama gebacken. Vielleicht wollt ihr sie auch einmal probieren. Felix, Lukas und Anna.“ „Das ist ja süß von den dreien! Damit haben sie uns aber wirklich sehr überrascht“, sagt Heinzi. Die beiden teilen sich die Plätzchen, legen sich unter die warmen Decken und schlafen sofort ein.

Als Anna, Lukas und Felix in das Spielzimmer kommen, liegen Heinzi und Nepomuk noch in ihrem Bettchen. „Seht mal, wie gemütlich sich die beiden dort eingekuschelt haben“, sagt Lukas. „Und die Plätzchen scheinen ihnen auch geschmeckt zu haben“, ergänzt Anna fröhlich. Die drei beobachten die beiden Wichtel noch ein wenig, bevor diese ihre Augen öffnen. „Guten Morgen ihr drei! Steht ihr schon lange hier? Wir müssen wohl tief und fest geschlafen haben“, sagt Nepomuk. „Nein, wir sind noch nicht so lange hier. Gerade lange genug, um euch ein wenig beim schlafen zu beobachten“, grinst Felix. „Ihr habt uns ja eine ganz tolle Überraschung bereitet“, freut sich Heinzi noch immer. „Ich habe schon lange nicht mehr so gut geschlafen. Und so leckere Plätzchen hatte ich noch nie in meinem Leben!“ „Es freut uns sehr, das wir euch auch mal eine Freude machen konnten“, sagt Felix. „Aber jetzt würde ich sehr gerne in mein Advents-Söckchen hineinschauen“, drängelt Lukas. „Oh ja, wir sind auch ganz gespannt, was uns heute erwartet“, sagt Heinzi. Schon springen die beiden Wichtel aus ihrem Bettchen und gemeinsam mit den Kindern gehen sie in die Lese-Ecke.

 

Während Lukas zu dem Advents-Kalender geht, setzen sich Felix, Anna, Nepomuk und Heinzi bereits auf die Kissen. Lukas löst die rote Schleife seines Advents-Söckchens und stubst dabei die Glöckchen an. Heute ertönt wieder der wunderschöne, helle Klang des Weihnachtsglöckchens, der allen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Nun packt Lukas das Päckchen aus und hält einen kleinen Seestern in der Hand. Ein breites Lächeln kommt in Lukas‘ Gesicht. „So einen ähnlichen Seestern habe ich doch im letzten Urlaub gefunden! Und da habe ich mich gefragt, wo der wohl herkommt. Irgendwie kann ich mir gar nicht vorstellen, dass Seesterne in der Ostsee leben“, sagt Lukas. „Stimmt, eigentlich wollten wir mit Mama und Papa nachlesen, wo genau die Seesterne leben – aber irgendwie sind wir an dem Tag nicht mehr dazu gekommen“, erinnert sich Felix. „Und dann haben wir es selbst vergessen“, ergänzt Anna. „Ich habe noch nie einen Seestern gesehen“, sagt Heinzi. „Darf ich ihn mal anfassen?“ Lukas hält dem kleinen Wichtel den Seestern hin. „Er fühlt sich sehr trocken an. Ich dachte immer, dass Seesterne ziemlich glitschig sind“, wundert sich Heinzi. „Ich frage mich, wie er sich wohl fortbewegt oder überhaupt etwas sehen kann“, überlegt Anna. „Nun setz dich doch mal hin, Lukas. Dann werden wir gleich sicher einiges erfahren“, sagt Felix zu seinem jüngeren Bruder.

Lukas setzt sich ebenfalls auf die Kissen der Lese-Ecke und legt schützend beide Hände um diesen schönen Seestern. Felix, Anna, Nepomuk und Heinzi machen es ihm nach. So bemerken alle gleichzeitig die Wärme, die von dem Seestern ausgeht. Bei geschlossenen Augen fühlen sie den Zauber des Glitzerstaubes. Es entsteht ein großer Lichtstrahl, der in die Mitte des Zimmers wandert und sich dort bei einem Feuerwerk entfaltet. Die drei Kinder und die beiden Wichtel öffnen ihre Augen. Gemeinsam sitzen sie in ihrem bekannten U-Boot aus Glas. Heinzi freut sich, denn bereits bei dem letzten Unterwasser-Abenteuer wäre er gerne so dicht dabei gewesen. „Was für eine wunderschöne Aussicht wir hier unten haben“, schwärmt er. „Direkt vor uns ist eine sogenannte Miesmuschelbank“, sagt Felix. „Seht mal, wie viele Muscheln dort leben!“ „Da vorne sind auch einige Seesterne!“, ruft Anna laut. Felix steuert das U-Boot in die angegebene Richtung. „Wie schön ein Seestern unter Wasser aussieht“, sagt Nepomuk.

 

Ein kleiner Seestern hat sie bemerkt und winkt ihnen mit einem Arm zu. „Ob der Seestern uns erkennen kann?“, fragt Lukas. „Na klar kann ich euch erkennen“, sagt der kleine Seestern. „ihr könnt mich ja schließlich auch sehen!“ „Das ist ja wahnsinn! Er spricht mit uns!“, ruft Anna begeistert. „Ich bin Stan“, sagt der kleine Seestern. „Und auch für mich ist es das erst mal, das ich mit so großen Lebewesen rede.“ „Ich bin Lukas. Das sind Felix, Anna, Heinzi und Nepomuk“, stellt Lukas sich vor. „Lebst du hier?“, möchte Felix wissen. „Ja, ich wurde im letzten Jahr auf dieser Miesmuschelbank geboren. Seitdem lebe ich hier“, erzählt Stan. „Gibt es denn genügend zu essen für dich, wenn du immer an einer Stelle lebst?“, fragt Lukas nun. „Mein Lieblingsessen sind Miesmuscheln und davon gibt es hier zu genüge, wie ihr sehen könnt“, sagt Stan. „Wie könnt ihr denn überhaupt essen? Ich sehe gar keinen Mund“, fragt Felix interessiert. „Wir haben eine etwas eigenartige Art zu essen. Wenn ich mich für eine Muschel entschieden habe, kann ich mit den Saugnäpfen an meinen Armen die Muschel aufhebeln. Wenn die Schalenklappen der Muschel weit genug geöffnet sind, kommt der einfachere Teil für uns Seesterne: wir können unseren Magen nach außen stülpen und damit in das Innere der Muschel hineingelangen. Dort sorgt unser Verdauungssaft dafür, dass eine Art Muschelbrei entsteht. Diesen können wir Seesterne dann in Ruhe auftrinken.

Viele Fische oder andere Lebewesen haben mir schon gesagt, dass es ziemlich eklig ist, wie wir essen. Aber für uns ist normal“, erzählt Stan. „Das ist in der Tat eine komische Art zu essen“, findet auch Anna. „Wir können uns nicht vorstellen anders zu essen“, sagt Stan. „Die Fische schwimmen hierher, machen einmal ‚Haps‘ und weg ist ihre Beute. In so kurzer Zeit etwas zu essen, ist für uns Seesterne schwer vorstellbar. Wir genießen jede Mahlzeit und ziehen sie sehr in die Länge. So ist jedes Lebewesen in irgendeiner Form ganz besonders!“ „Und wie bewegst du dich, Stan? Andere Unterwassertiere haben Flossen oder Beine, um sich fortzubewegen. Du hast aber ’nur‘ deine Arme“, sagt Lukas. „Unsere Arme sind auch gleichzeitig unsere Füße. Denn dort sind Saugnäpfe und kleine Füßchen. Durch den Druck meines sogenannten Wassergefäß-Systems werden meine Füßchen fest und heben meinen Körper vom Untergrund hoch. So kann ich auf meinen kleinen Füßchen über den Meeresgrund laufen. Mit Hilfe meiner Saugnäpfe kann ich mich zudem noch sehr gut festhalten“, erklärt Stan. „Als wir im Sea Life waren, konnten wir einen Seestern an einer Glasscheibe beobachten. Da haben wir uns doch noch gefragt, wie das alles funktioniert. Aber so wie du uns das erklärt hast, klingt es ziemlich einfach“, sagt Felix. „Das ist es auch. Seesternleicht!“, sagt Stan augenzwinkernd. „Ich bin jetzt wieder sehr hungrig. Daher möchte ich mich von euch verabschieden. Aber wenn ihr mit eurem U-Boot noch ein Stück weiterfahrt, dann könnt ihr einen Seegras-Wald sehen. Auf den Blättern sind zurzeit zahlreiche junge Seesterne.“ „Danke für den tollen Tipp, Stan“, sagt Anna. „Die sehen bestimmt richtig süß aus!“ „Vielen Dank für deine freundliche Begegnung, kleiner Seestern“, sagt Heinzi überglücklich.

 

Felix lenkt das U-Boot weiter zu dem Seegras-Wald. Beim näherkommen ruft Nepomuk: „Da vorne sehe ich sehr viele kleine Seesterne!“ „Lass uns noch ein bisschen näher heran fahren“, sagt Lukas aufgeregt. Felix steuert noch näher auf das Seegras zu. „Wie klein die Seesterne sind!“, ruft Anna aufgeregt. „Hallo ihr kleinen Seesternchen! Könnt ihr uns verstehen?“, fragt Heinzi. Ein Seestern hebt einen Arm und winkt – so wie Stan es vorhin gemacht hat. „Ja, ich kann euch gut hören!“ „Das ist wirklich ein Wunder!“, schwärmt Nepomuk. „Wir sind Lukas, Anna, Heinzi, Nepomuk und Felix“, stellt Felix die fünf dieses mal vor. „Der große Seestern Stan hat uns gesagt, dass an dieser Stelle viele kleine Seesternchen sein sollen“, sagt Anna. „Ja, da hat er recht. Hier können wir uns sehr gut verstecken. Ich heiße übrigens Sterni und ich habe mich erst in der letzten Woche zu einem Seestern entwickelt.“ „Wieso, was warst du denn vorher?“, möchte Lukas wissen. „Zuerst war ich ein befruchtetes Ei eines Seesterns und habe mich dann zu einer sogenannten Schwimmlarve entwickelt. Da vorne könnt ihr noch ein paar von meinen kleinen Geschwistern sehen, die diese Entwicklung noch nicht gemacht haben“, erklärt Sterni. Felix, Lukas, Anna, Heinzi und Nepomuk schauen sich interessiert um. „Ich hätte nie gedacht, dass diese Larven mal zu Seesternen werden“, sagt Anna. „Mit ihren drei Armen und der Saugscheibe sieht sie ganz und gar nicht aus, wie ein Seestern.“ „Aber bereits in 20 Tagen ist der Seestern fertig entwickelt“, sagt Sterni stolz. „Wahnsinn, wie schnell sich Leben entwickeln kann“, sagt Lukas. „Und als Schutz vor unseren Feinden verstecken wir uns hier im Seegras“, erzählt Sterni weiter. „Vor wem müsst ihr euch denn verstecken?“, möchte Felix wissen. „Wir müssen uns zum Beispiel vor Möwen, Tauchenten oder Krebsen verstecken. Aber auch verschiedene Gehäuseschnecken oder Fische mögen gerne Seesterne.“ Genau deswegen werde ich mich jetzt mal wieder unter meinem Seegras verstecken. Denn dort hinten sehe ich einen großen Fischschwarm, der sich langsam nähert“, sagt Sterni, bevor er wieder unter dem Seegras verschwindet.

Damit löst sich auch das Meer und das U-Boot in Luft auf und die Kinder stehen gemeinsam mit Heinzi und Nepomuk im Spielzimmer. „Was für ein besonderes Abenteuer“, sagt Heinzi aufgeregt. „Wir haben uns gerade mit einem echten Seestern unterhalten und viel über ihn erfahren! Ich kann es noch gar nicht glauben!“ „Es sind wirklich einzigartige Lebewesen. Aber die Art, wie sie Nahrung aufnehmen, finde ich in der Tat etwas ungewöhnlich“, erinnert sich Anna. „Und doch ist es genau auf das Leben der Seesterne abgestimmt“, meint Lukas.

 

„Irgendwie hat ja jedes Lebewesen oder sogar jeder einzelne Mensch eine bestimmte Eigenschaft, die andere nicht so gut nachvollziehen können. Und es ist wichtig, das man sich gegenseitig toleriert und sich auf die Eigenarten der anderen einlässt. Denn dadurch lernt man selbst jede Menge“, überlegt Felix. „Stimmt, im Prinzip kann man von jedem etwas ganz bestimmtes lernen. Der eine kann gut Fußball spielen, der andere hat ein großes Interesse an Tieren und der Natur, während der nächste gerne tanzt und singt“, meint Nepomuk. Lukas grinst: „Meinst du in diesem Fall etwa uns?“ „Wenn du das denkst, wird es wohl so sein“, sagt Nepomuk lächelnd. „Wenn ihr euch aufeinander einlasst, könnt ihr gemeinsam sehr viel erreichen und voneinander lernen. Jeder hat einen anderen Lieblingsbereich. Das Wissen davon zeigt er natürlich gerne und freut sich, wenn sich die anderen dafür interessieren.“ „Vielleicht sollten wir wirklich mal mehr auf die Eigenschaften der anderen eingehen“, meint Anna. „Nicht gleich abblocken, wenn einer von uns seine Lieblingsbeschäftigung machen möchte. Wir können einfach mal aufeinander eingehen. Und wer weiß, vielleicht entstehen dadurch ja auch neue Spielideen“, sagt Felix weiter. „Dann lass es uns doch gleich mal ausprobieren, indem wir Musik anmachen und uns dazu bewegen. Wir können auch gerne einen Ball mit ins Zimmer nehmen“, schlägt Anna vor. „Gute Idee“, meint Heinzi, „wir können nur leider nicht mitspielen, weil wir uns wieder auf den Weg zum Weihnachtsmann machen müssen. Zurzeit gibt es wirklich jede Menge Arbeit für uns“, sagt er augenzwinkernd. „Viel Spaß beim Weihnachtsmann und ihr könnt ihn ja fragen, ob wir demnächst einmal mitkommen dürfen“, sagt Lukas. „Fragen können wir ihn auf jeden Fall, aber versprechen können wir leider nichts“, sagt Nepomuk. Damit machen sich die beiden Wichtel auf den Weg.

Felix, Lukas und Anna nehmen sich das Baustellenradio von Papa und stellen es in den Garten. Im Takt der Musik schießen sie sich den Ball zu. Sobald ein Lied zu Ende ist, müssen sie sich eine andere Sache mit dem Ball ausdenken. Die drei Kinder sind sehr kreativ in ihren Ideen und lachen viel zusammen. Mama schaut aus dem Wohnzimmer zu und freut sich über ihre glücklichen Kinder. „Scheinbar ist der Zauber der Weihnachtszeit wirklich in unser Haus gekommen. Ich würde zu gerne wissen, woher das kommt. So glücklich waren die Kinder schon lange nicht mehr zusammen“, freut sie sich innerlich.

 

Hier gibt es die Geschichte zum Gratis-Download: 08. Einzigartige Lebewesen

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